Eine Ausnahme vom allgemeinen Fernseh-Stumpfsinn war am vergangenen Donnerstag die Talkshow Beckmann. Wer sich schon immer gefragt hat, wie der blinde Andy Holzer es schafft, seine Profession auszuüben, d.h. Berge zu besteigen, konnte es in besagter Talkshow erfahren, wo Holzer u.a. darüber Auskunft gab, wie er sich am Berg orientiert. Er erklärte was ihn zu seiner Leidenschaft befähigt und warum er zu der paradox klingenden Auffassung kommt, sich selbst als Sehenden zu begreifen, dem es gelingt ein genauso visuelles Bild zu generieren und im Gedächtnis zu speichern, wie es das eben für einen Sehenden möglich ist. Außerdem sprach er sehr offen über das Thema Angst, die für ihn zwar ein ebenso ständiger Begleiter ist, wie für die meisten anderen Alpinisten auch. Allerdings hätte er einen gewichtigen Vorteil gegenüber Sehenden, weil er viele Gefahren bzw. psychologische Hemmnisse, etwa den fehlenden Boden unter den Füßen, nicht sehen könne. Auch die Tragödie am Everest, bei der im Mai diesen Jahres 16 Sherpas ums Leben kamen wurde thematisiert und Holzer stellte klar, dass die Sherpas keine modernen Sklaven seien, sondern in ihrem Land wohlhabende Leute darstellten, deren Arbeitsbedingungen sich in den letzten Jahren stark verbessert hätten. Den Everest will er in der nächsten Saison erneut angehen.
Warum er das alles macht, darüber erfuhr man in der Sendung leider nicht sehr viel. Es gehe ihm nicht um den Sport oder das Risiko, sogar nicht einmal um die Berge selbst, sondern darum die Welt zu verstehen. Damit ist nun nicht ein logisch-durchdringendes Verstehen gemeint, sondern eines der Sehens, der Anschauung, die bei ihm ja um einen erheblichen Teil reduziert ist. Jedenfalls faszinierte er mit seinen Ausführungen über einige der Erfahrungen, die er in seiner Laufbahn als Alpinist gemacht hat, aber mehr noch vielleicht darüber, wie Erfahrung überhaupt für einen blinden Menschen aussehen und möglich werden kann. Was er schildert, kann sozusagen Augen öffnen. Und warum er sich nicht als benachteiligt empfindet? Er habe noch nie so viele blinde Menschen wie unter den Sehenden getroffen.