Deponie Stubaier Gletscher

Neulich bin ich mal wieder am Stubaier Gletscherrest unterwegs gewesen. Er wird, wie mittlerweile wohl die meisten Gletscher, die dem Skifahren dienen, teilweise mit Planen abgedeckt, damit zur nächsten Saison noch was davon fürs Skifahren da ist. Das betrifft vor allem wichtige Abschnitte wie die Rampen, auf denen von Bergstationen auf den Hang abgefahren wird, die aber ebenso den Pistenfahrzeugen dienen, oder Flächen rund um die Seilbahnmasten.

Abgedeckte Eisrampe am Fernaujoch

Dort habe ich gar nicht erst damit angefangen den Müll aufzusammeln, so viel Müll hat dort herumgelegen, vor allem Plastikmüll. Von A wie Autoschlüssel bis Z wie Zigarettenstummel war fast alles dabei, Teile von Skistöcken, einige FFP2 Masken, Flaschen, eine Binde direkt aufm Wanderweg und sogar eine Sonnenbrille oben am Grat. Manche regen sich ja über Mikroplastik hier, Mikroplastik da auf, die ins Grundwasser gelangen könnte. Wer am Stubaier Gletscher gewesen ist, wird damit aufhören. Hier ist wirklich alles zu spät.

Es ist ja hinglänlich bekannt, wie man eine zerstörte und zugemüllte Landschaft nennt: Mülldeponie.

Aus dem ganzen am Gletscher verbauten Metall könnte man viele sinnvolle Dinge bauen. Altmetall wird eine immer wertvollere Ressource. Eine Ressource ist übrigens auch das Gletschereis: es birgt zum einen das Potential, Sonneneinstrahlung reflektieren zu können. Zum anderen ist das Eis schlicht das Wasser der Zukunft und damit in Kombination mit dem natürlichen Höhengefälle ein potentieller Energieträger, der in Strom umgewandelt und wirtschaftlich genutzt werden kann. Doch noch viel wichtiger ist das Eis als Ressource für die Ski-Industrie, deren Fulfilment Center von ihren Mitarbeitern liebevoll “die Fabrik” genannt werden.

Die zur Zeit wohl größte abgedeckte Gletscherfläche findet sich am Rhone-Gletscher im Oberwallis. Denn der ist eine touristische Attraktion. Die Planen, von manchen liebevoll Leichentücher genannt, bestehen aus einem Vlies aus Polypropylen und Polyesterfasern. Dass diese Fasern mit den umliegenden Fließgewässsern zu Tale gespült werden, erübrigt sich fast zu sagen.

Das tägliche Geschäft an einem ganz normalen Sommertag am Stubaier Gletscher.

Deponien werden mit Planen abgedeckt. So auch am Stubaier Gletscher. Und jede Deponie bekommt den Müll, den sie verdient.

Blick vom Fernaujoch nach Norden ins Stubaital

Gewinnspiel: Auflösung

Damit die Gewinner*innen meines kleinen Quiz’ anlässlich des zehnjährigen Bestehens noch in den Genuss kommen, über die Feiertage spannende Lektüre zu haben, ist das Gewinnspiel jetzt beendet. Hier die Auflösung und die Gewinner*innen.

1. Dent du Géant, 4013m

2. Mont Blanc, 4807m

3. Monte Rosa-Massiv (4634m, Dufourspitze)

Und hier noch die Auflösung der alternativen Fragen, die man auch durch aufmerksames Lesen des Artikels und einen Blick auf das Banner oben oder die About-Seite beantworten konnte.

1. Welcher der verstorbenen Bergsteiger wurde auch für diesen Blog interviewed?

Ueli Steck

2. Welches philosophische Werk ist stichwortgebend für diesen Blog?

Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung

3. An welchem Berg in Nordamerika wurden gleich zweimal innerhalb von 2 Jahren herausragende Begehungen geschafft?

El Capitan – 2015 die erste freie Begehung der extrem schwierigen Dawn Wall durch das Duo Caldwell/Jorgeson und 2017 die erste Free Solo Durchsteigung (von Alex Honnold in der Route Freerider)

Über drei großartige Bücher freuen sich Felix aus Nürnberg, Steffi aus Innsbruck und Bene. Herzlichen Glückwunsch!

Vielen Dank für’s Mitmachen und viel Spaß euch allen weiterhin beim Lesen!

Gewinnspiel. Teil 2

Hier kommen nun wie versprochen die Tipps zum Gewinnspiel, also neue Fotos von den gesuchten Gipfeln.

1.

Unverkennbar

2.

Der gesuchte Gipfel diesmal von der anderen Seite (Osten)

3.

Habt ihr euch eigentlich schonmal die About Seite des Blogs angeschaut? Zoom in!

Diese Tipps sollten es euch noch deutlich leichter machen. Wer immer noch keine Ahnung hat, kann die 3 alternativen Fragen versuchen zu beantworten.

Diese Bücher gibt es zu gewinnen:

Viel Spaß beim Rätseln!

Sende deine Antwort am besten per Kommentar (dein Kontakt bleibt unsichtbar).

10 Jahre “Domination of Nature” Rückblick & Gewinnspiel

2021 geht zu Ende und damit blicken wir nicht nur auf das Jahr zurück, sondern auch auf zehn Jahre dieses Blogs. Ja richtig, dieser Blog feiert Geburtstag und deshalb verschenke ich Bücher, d.h. genau genommen gibt es sie zu gewinnen.

Vor genau zehn Jahren, am 10. Dezember 2011 erschien der erste inhaltliche Artikel auf diesem Blog, Thema war die längst überfällige Aufarbeitung der antisemitischen und national(sozial)istischen Geschichte des Deutschen Alpenvereins und die Präsentation der Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung.

In der Zwischenzeit ist viel passiert: Die freie Besteigung der „Dawn Wall“ durch Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson in drei Wochen im Januar 2015 war eine Sensation, die einem weltweiten Publikum als Spektakel nicht nur ins Wohnzimmer, sondern dank Social Media in die Newsfeeds ihrer Telefone geliefert wurde. 2017 hat der Klettermillionär Alex Honnold die “Nose” am El Capitan free solo bestiegen und einen Film darüber gemacht und einen Oscar gewonnen, der ihn wahrscheinlich endgültig zum bekanntesten Kletterer der USA gemacht hat. Und dann Nimsdai und die Nepalis – ohne sie hätte es im Himalaya vermutlich keine europäischen Erstbesteiger gegeben und einen 8000er Tourismus, wie er mittlerweile in seiner bizarrsten Form am Mount Everest stattfindet, schon gar nicht. In seinem “Project Possible” hat er alle 14 Achttausender in der unglaublichen Zeitspanne von nur gut sechs Monaten erstiegen. Und auch die erste Winterbesteigung des letzten Achttausenders, dem K2, durch ein nepalesisches Team Anfang diesen Jahres hat der Nation der Sherpas eine späte Anerkennung ihrer immensen alpinistischen Leistung nunmehr auch als Erstbesteiger verschafft.

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“Record numbers of climbers are imperiling our sport.” Black Diamond-Kampagne zu nachhaltigem Klettern

Aufgrund steigender Besucher*innenzahlen in Kletterspots sieht sich nun der Bergsportartikelhersteller Black Diamond veranlasst, die Kampagne Access Fund zur nachhaltigeren Nutzung zu unterstützen und dafür Geld zu spenden. Interessant ist dabei vor allem die Begründung, da die Zahl der Kletterer*innen scheinbar so sehr gestiegen ist, dass man sich schon um den Zustand der Klettergebiete Sorgen macht:

Right now, land managers across the country are reeling from a record number of climbers visiting crags and boulder fields this summer, with some seeing up to a 300% increase! You can only imagine the impact this level of visitation has on the climbing landscapes we love. Belay areas have become barren, trails are crumbling, trees are dying, and trash and poop continue to plague our most popular crags. There are solutions to these problems, but we must act now before we lose access to these special places.

Quelle: climbing.com

Ich möchte hier keine Werbung machen. BD geht es prinzipiell erstmal ums Geld sammeln, das Unternehmen möchte jeden an den Access Fund gespendeten Betrag verdoppeln. Der Name zeigt schon an worum es bei dem Fond geht: den Zugang zu Kletterfelsen etwa durch den Kauf von Land oder Wiederauffrischung zu bewahren, denn der ist gefährdet, da Behörden ihn einschränken oder verwehren könnten, wenn sich ihr Zustand weiter verschlechtert oder die Besucher*innenzahlen weiterhin so hoch bleiben oder gar weiter steigen. Auch hier (wie etwa bei POW) ist der Naturschutz eigentlich vor allem Mittel zum Zweck der Erhaltung der Privilegien der eigenen Klientel – sie möchten einfach gerne weiterhin ihr Lieblingshobby ausüben können, das auf seine ganz eigene Weise umweltschädlich zu sein scheint. Der Werbebanner zu Kampagne sagt jedenfalls schon genug. Allerdings muss man wohl auch sagen: lieber so einen Naturschutz als gar keinen.

TV-Tipp: Das Geschäft mit dem Winter

Eine aktuelle Reportage vom ZDF zeigt auf anschauliche und etwas drastische Weise einige der Absurditäten des Wintertourismus auf, etwa den Ausbau von Mini-Skigebieten und die hydrologischen Folgen der Beschneiung. Die Krönung des Ganzen, die hier schon gespoilert werden soll, ist ein genialer O-Ton von Günther Aigner, dem Schneehistoriker und “unabhängigen” Lieblings-Skitourismusforscher der Tiroler Seilbahn-Mäzene: “Wenn wir hier nicht mehr Skifahren können, dann endet unsere Zivilisation.” So witzig diese Aussage hier aus dem Zusammenhang heraus gerissen klingt, zeigt sie auch die Schwächen der Doku an. Denn der Schwerpunkt liegt auf Sensation, Gefahr und Katastrophe. So verlockend es ist, auf das Gefährliche und Katastrophische zu fokussieren, und so sehr man auch von der fragwürdigen Gestalt Aigners in Bann geschlagen ist, so wichtig wäre es, inhaltlich auf die Ergebnisse einzugehen, die er in seiner Auswertung von Klimadaten erzielt. Die sollte man wahrscheinlich ernst nehmen. Und trotzdem die Umweltschäden durch den Skibetrieb kritisieren.

Der Bauwahn geht weiter. Teil 2

Fortsetzung von Der Bauwahn geht weiter

In der taz hatte ich vor zwei Jahren das Skifahren als Auslaufmodell bezeichnet. D.h. natürlich genau genommen, den Skipistenbetrieb und den darauf basierenden Wintertourismus. Als Auslaufmodell???
Ja, denn der Pisten- und Seilbahnbetrieb muss gegen die steigenden natürlichen Widerstände hinweg aufrecht erhalten werden: also konkret, vor allem, die global steigenden Temperaturen, die natürlich auch die Zukunft des Wintertourismus in den Alpen in Frage stellen. Skipiste am Stubaier Gletscherrest

Doch geht man nach den aktuellen Seilbahn-Baustellen, muss meine Behauptung wohl als unhaltbar angesehen werden. Denn statt Rückbau wird fleißig weiter gebaut.

Ein Artikel auf dem Online-Portal der sehr guten Zeitung Kronen Zeitung zeigt, wo neu gebaut oder erweitert wird: nämlich nicht nur in Kühtai oder Tulfes, sondern etwa auch in Berwang am Thaneller oder in Sölden, wo interessanterweise ein Lift versetzt werden musste, weil der Eisschwund zu groß wurde. “Diese Orte trotzen Corona” lautet die Überschrift, aber richtiger wäre wohl gewesen “Diese Orte trotzen der Natur” oder “Diese Orte trotzen dem Klima”.

Nun sind es nicht nur die steigenden Temperaturen, die den Pistenbetreibern Sorgen bereiten, sondern ebensosehr die steigenden Ansprüche der Gäste. Continue reading

Der Bauwahn geht weiter

Kühtai – der Tiroler Ort mit dem seltsamen Namen ist Vorreiter in Sachen Alpenverbauung. Nachdem im Juni die letzte gerichtliche Instanz grünes Licht gegeben hat, wird nun das Tiroler Wasserkraftwerk Sellrain-Silz um einen dritten Stausee im Längental, einem naturnahen Seitental in Kühtai, erweitert. Auch einen neuen Lift bekommt der Ort am Gaiskogel, wo ein alter Schlepplift durch einen schicken neuen Sessellift ersetzt wird.

Baustellenblick – der entleerte Speicher unterhalb des Längentals im Mai

Kühtai – hier muss jeder Hang mindestens drei Lifte haben – ist eine wahre Perle unter den Schandflecken Tirols. Man mag sich ja leicht zynisch denken, die Bauwilligen sollten doch gerne einen bzw. zwei, drei ausgewählte Orte richtig verschandeln, so richtig zustellen mit Anlagen und dafür die anderen in Ruhe lassen. Leider geht diese Rechnung nicht auf. Ruhe ist überhaupt ein gutes Stichwort. Denn für den neuen Speichersee werden auch Fließgewässer im Ruhegebiet Stubaier Alpen angezapft, einem gesetzlich verfassten Schutzgebiet. Auch dort wird es Baustellen geben und den dazugehörigen Baulärm, was bis vor ein paar Jahren verboten war… also halt bis das Tiroler Naturschutzgesetz entsprechend geändert wurde, um den Bau durchführen zu können. In Tirol sind die Wege der Ski- und Seilbahn-Lenker in die Politik eben kurz. Und das Leben ist bekanntlich ein Geben und Nehmen, warum sollte die Politik davon ausgenommen sein?

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150 Jahre Hüttenzauber – 150 Jahre zwischen den Stühlen

 

Der Deutsche Alpenverein ist vergangenes Jahr 150 Jahre alt geworden. Das hat er gebührend gefeiert. Dass er so lange besteht, ist durchaus nicht selbstverständlich. Denn er ist eine widersprüchliche Organisation, in seinen Zielen wie auch in seiner Mitgliederschaft.

[Besser spät als nie: Der Artikel ist genau genommen schon letztes Jahr entstanden. Er wurde mit leichten Änderungen in der jungle world #2/2020 abgedruckt.]

War es das ursprüngliche Hauptziel des Alpenvereins noch, die Bergwelt für die Bevölkerung zu erschließen, das heißt, durch Wege- und Hüttenbau sowie Kartografierung erreichbar zu machen, so dürfte heute das Gegenteil der Fall sein. Ab den 1920er Jahren galt diese Erschließung ohnehin immer weniger für Juden. Die wurden nämlich zu der Zeit, spätestens ab 1933 ausgeschlossen. Dafür kam als weiteres Ziel jener Epoche die Bewahrung der Bergwelt hinzu, denn durch die Industrialisierung und die rapide Entwicklung von Verkehrsmitteln wuchs bereits die Sorge einer Beeinträchtigung der Bergwelt. 1977 wurde dann der Stopp des Hüttenbaus beschlossen, die Erschließung der Alpen für beendet erklärt. Und hier zeigt sich ein Problem, das geradezu exemplarisch die Widersprüchlichkeit des Alpenvereins verdeutlicht. Continue reading

Everest once again: Entsorgen und Leichen bergen

Nochmal zum Thema Everest: Nachdem die Sherpas für die Touristen aus dem Westen bereits vor dem Gipfelsturm die Seile gelegt haben, an denen diese sich sichern und vielleicht nötigenfalls auch hochziehen können, sowie deren Gepäck und Rationen geschleppt haben, kommt nun der nächste Teil der mit dem ganzen Wahnsinn verbundenen Arbeit an die Reihe: die Wiederaufbereitung des Gipfels für die kommende Saison, d.h. ganz konkret den Müll entsorgen und die Leichen bergen, nachdem diese teilweise aus dem Eis gekratzt werden müssen. Einen interessanten Artikel gab es dazu bei der Tagesschau unter dem Titel Sherpas am Mount Everest: Sie holen den Müll – und die Leichen. Verwiesen wird dort auch auf den britischen Bergsteiger Nick Hollis, der u.a. von Gipfelaspiranten berichtet, die ihre Steigeisen und Gurte nicht selbst anlegen können. Respekt! …für die Sherpas, die dort einen der härtesten Jobs der Welt machen.

Foto: youtube