Interview with Ueli Steck

As promised, here is the English translation of the interview I led with Ueli Steck one year ago at the IMS in Brixen. It’s the translation of the shorter version as it appeared in ALPIN. At first, I talked with him about an incident at Mount Everest, in which he was violently attacked by sherpas in an angry dispute.

After the incident at Mount Everest you departed immediately. How did you continue after the return?

It was all just too much! You have to imagine: journalists knock at your door at eight in the morning, demanding an interview. But I am not keen on talking with them. They are just waiting for a chance to criticize you. I seriously considered to jack it all in, to go climbing only for myself. Period.

On your website you expressed your disappointment about the happenings at Everest. How has that incident changed you?

It has changed all my life. It’s hard for me since, to get involved with people. A lot of confidence is lost and will not come back very soon. I am so sick of the entire mechanism of the media that started afterwards. I will never forget that and I cannot undo that. But now it has happened and I have to deal with it.

After all the discussing, your record ascent on Mont Blanc came like a coup.

Maybe. But after Everest I was not keen on talking with anyone. The problem is that I can’t just hide. At Mont-Blanc I was just climbing and had a fantastic day. It wasn’t about the records. In the last time everything is being reduced to records. But what’s the difference in whether you take 16 or 17 hours? It very much depends on the conditions. For me the decisive point was: to start in Courmayeur, to go via Peuterey (to the summit of Mt. Blanc, t.a.) and on the other side back down into the valley – if possible, in one day. I didn’t want it to become a matter of record-hunting again, so I downplayed the story a little bit.

Was there pressure by the sponsors?

There certainly is pressure, we must not blandish anything here. If you want sponsors you have to achieve something. Otherwise you won’t get another contract in the next negotiations. And often I have to slow the sponsors down a bit. Of course, they want to see something immediately. You are talking to marketing people there and as an athlete you have to be careful.

Nevertheless you had decided relatively soon to return to Nepal and with Annapurna to try an 8000m peak.

Sure, after Everest there were doubts. But the experience on Peuterey did show me: climbing is what brings fun to me. I thought, if I stop climbing now, then everything goes down with me.

And Annapurna has been a project for me already for a long time. But one thing I certainly know now, too: I only go climbing for myself and everyone can form his opinion about that.

Have you had the thought of quitting your career as early as, for example, Walter Bonatti?

After the Everest incident of course there were thoughts like “Now I’m completely fed up”. But I knew: If I quit in a moment like that, I would blame myself for the rest of my life. Walter Bonatti was an idol for me – he said: “Now I have reached my zenith and now I quit.”

Admirable.

That’s admirable, in fact! And I think that’s what is missing in alpinism. There are many climbers who have in a way reached their zenith and extend their career artificially. I want to avoid that. Mountaineering is not a competitive sports. When as a hundred meter sprinter don’t bring your performance you just don’t get to the finale. But in mountaineering you still can sell an expedition as an act of madness. And a climb like that on Annapurna can’t be done ten times, you won’t survive that. Bonatti moved within a range of which he knew: If I continue here, this will go wrong.

Steve House, too, has accepted that now, I think. I don’t want to put the words in his mouth, but for his achievement in 2005 on Nanga Parbat he had worked a lot. And that was a gigantic success. But you will do something like that only once in a career. After that, you have to be able to put it behind and accept that.

What does that mean for you?

For me, that’s the point where I have to be careful. It doesn’t go on like that forever, I cannot enhance myself infinitely. And this could also mean that I want to protect myself. If you always act in this dangerous field, it will go wrong eventually.

IMS 2014 – Immenses Marketing Spektakel #6

Die 6. Ausgabe des innerhalb der letzten Jahre immens gewachsenen Marketing- und Medienspektakels des “International Mountain Summit” ist Anfang dieser Woche in Brixen zu Ende gegangen. Es gab wieder viele spannende Vorträge und Diskussionen. Hervorzuheben ist neben Veranstaltungen zu Doping im Bergsport und der Diskussion um Alpinismus und Publicity in der diesjährigen Ausgabe etwa ein Symposium mit dem Titel “Recht auf Berge”, in dem der Zugang zu den Bergen für Behinderte erörtert wurde.

Berge für alle? Recht auf Berge?

Erziehungswissenschaftler Dr. Sascha Plangger von der Uni Innsbruck sah in diesem Bereich v.a. Probleme bei der Kommunikation mit Behinderten. Viele Außenstehende würden Betroffenen vor allem mit Mitleid begegnen. Außerdem werde in den Medien sehr oft sensationslustig über Behinderte berichtet, die in den Bergen unterwegs sind. Dabei habe diese Darstellung nichts mit der Realität zu tun. Wichtig sei es stattdessen vor allem, den Einzelnen zu unterstützen und in seiner Freiheit und Teilhabe zu fördern.

Die in der Podiumsdiskussion aufgekommene Frage an Martin Telser, ob es von Seiten der Behindertenverbände eine Forderung oder den Wunsch nach einem Recht auf Zugänglichkeit der Berge für alle gibt, stellte sich für diesen gar nicht erst. Für Telser gibt es das Grundrecht auf Zugänglichkeit schon, nämlich als gesetzlich verankertes und als nur noch durch technische Verbesserungen zu erfüllendes. Das Potential für Verbesserungen sah er allerdings als vorhanden an. Auch der geladene Vertreter der Landesregierung meint, der “status quo” wäre diesbezgl. noch zu erreichen. Das Fazit: es sollte keine Scheu davor geben, auch als Behinderter in und auf die Berge zu gehen oder einen Anspruch darauf geltend zu machen. Außerdem solle man sich daran orientieren, wo entweder möglichst weitgehende freie Zugänglichkeit der Berge oder entsprechende Alternativen vorhanden seien.

IMS 2014 Kongress "Berge für alle"

IMS 2014 Kongress “Berge für alle” © Jürgen Kössler

Die Dachmarke Südtirol wirbt nicht explizit um Behinderte als Zielgruppe, da dies nicht notwendig sei. Ziel müsse eher sein, dass Interessierte bei ihrer Recherche, wie es der Marketing-Vertreter nannte: “Suchmaschinen-technisch” leichter auf Südtirol stoßen.

Wie ehrlich ist der Bergsport? Symposium zu Doping und Medikamentenmissbrauch

In der IMS Pressemitteilung hieß es hierzu: Continue reading

»Irgendwann geht das schief« – Interview mit Ueli Steck

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich das Glück, Ueli Steck für ein Interview, das in ALPIN 3/2014 erschienen ist, zu seinen Erlebnissen im Himalaya befragen zu können. Damals war er gerade frisch von seiner Solo-Begehung der Annapurna Südwand (in 28 Stunden) zurück gekommen. Ein paar Wochen zuvor hatte er schon  in einer fantastischen Zeit von 16 Stunden den Mont Blanc von Courmayeur aus Richtung Chamonix über den kompletten Peuterey-Grat (“Peuterey Intégral”) überschritten. Welchen Stellenwert diese Begehung in seiner Karriere hatte und was sie für seine Zukunft bedeuten, über das Medienecho nach dem Sherpa-Streit am Everest und die Bedeutung des großen Risikos bei seinen Touren und sein zukünftiger Umgang damit, darüber gab er Auskunft, ebenso wie über den Druck von Sponsoren.

 

Im Mai 2013 gab es diesen Vorfall am Everest, bei dem einige aufgebrachte Sherpas dich und deinen Seilpartner Simone Moro körperlich angegriffen und mit dem Tod bedroht haben. In den Medien wurde das kontrovers diskutiert und du wurdest sehr kritisiert.

Einige Wochen später hast du den kompletten Peuterey-Grat am Mont Blanc (Peuterey Integral) bestiegen, auch in neuer Rekord-Zeit. Auf deiner Homepage war die Beschreibung eher witzig gehalten und von understatement geprägt. Aber ein kleiner Paukenschlag war diese Begehung ja schon. Wolltest du damit auch zeigen, dass es dich noch gibt und dass du dich nicht unterkriegen lässt von den schlechten Erfahrungen und von der negativen Presse, die nach dem Everest-Vorfall herrschte?

 

Nein, absolut nicht, ich war da einfach Bergsteigen und hatte einen fantastischen Tag.Ueli Steck

Außerdem wird in letzter Zeit alles auf diese Rekordzeiten reduziert!

Aber ob man da 16 Stunden oder 17 Stunden braucht ändert eigentlich nicht viel. Es hängt ja immer auch von den Bedingungen ab. Deshalb wollte ich nicht, dass es wieder so um diese Rekordjagd geht und habe es ein bisschen runtergespielt.

Es war für mich auch nicht entscheidend, diesen Rekord zu machen. Für mich war das wichtigste: in Courmayeur starten, über den Peuterey und wieder auf der anderen Seite ins Tal runter – wenn’s geht in einem Tag. Das ist großartig und ich hatte einen der besten Tage in meinem Leben.

Aber ich kann dir auch ehrlich sagen: nach dem Everest hatte ich keine Lust mehr Continue reading

Lawine unter Ueli Steck – Im Himalya wieder dem Tode entronnen? Zwei Bergsteiger verschollen

Ueli Steck war vor kurzem wieder im Himalaya unterwegs. Und wieder ist er – wie schon 2013 beim Zusammenstoß  mit wütenden Sherpas – dabei offenbar nicht sehr weit am Tode vorbei geschrammt, wie er auf seiner Homepage berichtete und wenig später auch in einem Interview der Schweizer Sonntagszeitung mitteilte:

Ich hielt mich mit Bergsteigerkollege Benedikt Böhm weiter oben am Berg auf, als sich plötzlich ein Schneebrett löste und die drei Leute unter uns, Sebastian Haag, Andrea Zambaldi und Martin Maier mitriss. Das Schneebrett löste sich fast geräuschlos. Es war gespenstisch.

Das Ziel der Expedition, an der Steck nicht teilnahm, war es, innerhalb von sieben Tagen die beiden Achttausender Shisha Pangma und Cho Oyu zu besteigen, auf Skiern abzufahren und die dazwischen liegenden 170 Kilometer mit dem Mountainbike zurückzulegen.

Steck meinte, es sei zugleich ein gutes, aber auch komisches Gefühl, zwar der Lawine entgangen zu sein. Aber zwei Kollegen seien plötzlich nicht mehr da. Bericht über die Lawine heißt es auf seiner Homepage:

»Maier, der als einziger den Absturz überlebte, erreichte noch in der Nacht das Lager 3 aus eigenen Kräften. Am 25.09.2014 wurde er von einem Sherpa Rettungsteam von dort geborgen. Haag und Zambaldi bleiben weiterhin am Berg vermisst.«

Vor einem Jahr gestand mir Ueli Steck in einem Interview noch persönlich, dass man Alpinismus auf einer Höhe, wie er ihn betreibt, nicht ewig weiterführen könne:

Wenn ich da weitermache, dann geht das irgendwann schief.

Weshalb er sich auch überlegen müsse, wie das weitergeht und ob er sich nicht selbst sogar etwas mehr schützen müsse.

“Glück gehabt”, kann man also wohl feststellen, wenn Steck so unversehrt davongekommen ist. Ob er seine Speed-Besteigung des Shisha Pangma wieder versuchen wird, bleibt noch offen.

Das ganze Interview, das in ALPIN 4/2014 erschienen ist, gibt es morgen hier zu lesen.

Außerdem folgen in den nächsten Tagen – wie die letzten beiden Jahre auch – Berichte vom International Mountain Summit in Brixen.

Messners Museum in Schloss Firmian. Review

P1010273_klVor kurzem hatte ich das Vergnügen das Messner Mountain Museum in Schloss Sigmundskron (Firmian) zu besuchen. Reinhold Messner ist fast zeitgleich auch 70 Jahre alt geworden. Gratulation dazu! Messners Errungenschaften im Alpinismus und seine Verdienste um ihn sind ungezählt und dass er es soweit geschafft hat, war war nur durch Glück und Fertigkeit zugleich nöglich. Seine Verdienste für Südtirol stehen jenen kaum nach. Dennoch ist an dieser Stelle Gelegenheit für einen Verriss – denn geschenkt wird hier nichts. Laut Selbstauskunft soll es in seinem zentralen Museum auf der Schlossruine Sigmundskron, die er durch Sanierung und Bau vor dem Verfall gerettet hat, um das Verhältnis Mensch Berg gehen. Jedoch ist das Museum in erster Linie eine Sammlung von Kunstschätzen, die Messner auf seinen diversen Feldzügen (oder vielleicht besser: Bergzüge?) im Himalaya erbeutet hat, hauptsächlich Buddha-Statuen, seinen Lieblingszitaten von Bergsteigern und anderen Persönlichkeiten, die sich einem an scheinbar jedem freien Ort aufdrängen, sowie desweiteren, Gemälden und kleineren Installationen, wobei letztere den einzig sehenswerten Teil des Museums bilden. Hier und da noch ein Bisschen Geschichte, fertig ist der Lack. Ein Konzept erschließt sich ohne erläuternde Literatur jedenfalls nicht, eine Botschaft schon eher.Moral_klein Continue reading

Newest proves that the outdoor craze is stupid

Prove given by the British Mountain Club “why hill walking is the antidote to a hectic world”: A BMC video on hill-walking

»On paper, walking for hours over large bits of rock might seem strange or even a bit pointless.

But people who love hill walking know differently. Getting into the mountains can offer many things – camaraderie, exercise, fun and adrenaline, to name a few. But perhaps the most powerful thing about hill walking is the effect it has on the mind.

Mountains refresh your mind and spirit like nothing else. As your body roams, so do your thoughts, taking you away from the intensity of the cities where most of us live. As the narrator in this video by Ben Winston says: “When I walk, I forget to worry. And it seems in forgetting, I remember what’s important again.”«

But, wait. What are they advertising by promoting hill-walking?

Aahhh, themselves….

Just a silly video:

BMC video on hill-walking

 

 

 

 

The Prove that it’s possible to use lurid Hollywood-sounding iconoclasms for advertising multiple-day talking-based conventions:

Participating in this years issue of IMS: a surfer (Sebastian Steudtner). Thumbs up! Apart from that, I am especially looking forward to meet Marko Prezelj.

However, questions rise. What would IMS be without its shortcomings? Who the hell wants to watch or listen to a member of  FREI.WILD at this occasion? The mental anticipation alone already is enervating.

 

 

 

 

As you already might all have known, the Running Craze can be seen as somewhat of a sister of the outdoor craze. Its newest hit: Continue reading

Todesfälle in den Alpen

Zum Thema Bergunfälle: Am Sonntag sollen in den Alpen gleich acht Menschen tödlich verunglückt sein, darunter zwei Bergsteiger und ihr Führer im Mont-Blanc-Massiv sowie ein Bergsteiger an der Dreiherrenspitze, Südtirol, der an Unterkühlung starb, nachdem er sich verirrt hatte. Außerdem kamen bei Innsbruck eine Wandererin sowie unabhängig davon ein Wanderer ums Leben.

Besonders heikel: In den französischen Alpen sind auch zwei Base-Jumper verunglückt. Ein Australier hatte im Departement Haute-Savoie seinen Wingsuit offenbar falsch manövriert, ein 55-jähriger Franzose im Dep. Isère seinen Fallschirm vermutlich zu spät geöffnet.

Schon vergangenen Dienstag war am Mont Blanc eine Seilschaft von 5 Bergsteiger_innen plus Führer tödlich abgestürzt.

Das wird sicher wieder Fragen nach dem Absturz-Risiko und der Gefährdung anderer Nutzer_innen des Alpenraums durch Base-Jumper, wie sie etwa hier bereits thematisiert wurde, aufwerfen.

 

Der DAV und die Widersprüche – Neues vom Immergleichen

 

Der DAV veröffentlichte seine neue Bergunfallstatistik 2012/13. Fazit: viele Unfälle sind vermeidbar.

 

Einerseits gab es noch nie so wenige tödliche Unfälle, andererseits ist die Zahl der Unfälle und Notfälle insgesamt gestiegen. Beim Klettersteiggehen zeigen sich diese Trends besonders deutlich. … Viele Unfälle und Notfälle sind auf die Überforderung der betroffenen Bergsportlerinnen und Bergsportler zurückzuführen und deshalb vermeidbar.

Mehr Leute in den Alpen, das heißt auch mehr Unfälle. Und wo ist da der Widerspruch? Nirgends.

Der hier schon oft geäußerte Hinweis auf die Widersprüchlichkeit des Deutschen Alpenvereins dürfte treuen Leserinnen dieses blogs bekannt sein. Mittlerweile ist auch Vertretern des Alpenvereins diese Widersprüchlichkeit auf- und etwas dazu eingefallen.

So kann man in der aktuellen Ausgabe der Vereinszeitschrift Panorama (#4/2014) ein Statement von Jörg Ruckriegel, Ressortleiter Naturschutz beim DAV, lesen:

 

Mancher vordergründige Widerspruch löst sich bei näherer Betrachtung in bloße Polemik auf, aber nicht jede Dissonanz lässt sich glaubwürdig in Einklang bringen. Als Verband mit extrem breiten Interessenspektrum sieht sich der DAV immer wieder inneren Konflikten ausgesetzt. Im besten Fall führt dies nicht zum Verzicht auf klare Positionen, sondern zur gewissenhaften Abwägung und zu einer ständigen kritischen Überprüfung des eigenen Handelns.

Alles klar? Nicht?

Nicht wundern! Denn das ist der DAV!

Immerhin schafften es die vom DAV zu einer Podiumsdiskussion über die Zukunft der Alpen eingeladenen Experten deutlicher zu werden. So bemerkte etwa der Generalsekretär des ÖAV, Robert Renzler das Dilemma der Alpenvereine, deren Gefangene und Mitverursacher sie gleichzeitig seien. Aber:

Wir werben nicht aktiv für mehr Alpenbesucher, wir sind nur ihre Anlaufstelle.

Interessanterweise war man sich bei der Diskussion, die die aktuelle Sonderausstellung im Alpenvereinsmuseum mit dem Titel “Alpen unter Druck” begleitet, offenbar weitgehend einig über eines:

Der Wandel zur Post-Wachstums-Gesellschaft wird kommen – by design or by Desaster.

So jedenfalls lautete die Prophezeiung des Volkswirtschaftsprofessors Niko Paech (Uni Oldenburg), wie man ebenso im aktuellen Panorama auf Seite 8 nachlesen kann. Wie allerdings diese Post-Wachstums-Gesellschaft aussehen könne, das unterlag der Spekulation. Erfreulich ist zwar, dass die Konflikte und Widersprüche zwischen Ökonomie und Naturschutz bzw. zwischen Alpenverein und Gesellschaft thematisiert werden. Es überrascht jedoch nicht, dass diese Thematisierung so oberflächlich bleibt, wie sie im Rahmen des Horizontes einer solchen Massenorganisation, die die Funktion von Lobbygruppe, Sportverein und Reisebüro in einem verkörpert, eben nur sein kann. Dass mit der auf Wachstum basierten Gesellschaft irgend etwas nicht stimmt, scheint erkannt (oder wenigstens: gefühlt) worden zu sein. Auch, dass es sich dabei um Ideologie handelt,  wenngleich dieser Begriff von Ideologie wohl kaum einen Inhalt hat, d.h. leer ist. Und an dieser Stelle bleibt man, wie üblich, stehen und belässt es bei Prophezeiungen und Spekulation im schlechten Sinne. Ein idealer Tummelplatz für Volkswirte.

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Andy Holzer bei Beckmann

Eine Ausnahme vom allgemeinen Fernseh-Stumpfsinn war am vergangenen Donnerstag die Talkshow Beckmann. Wer sich schon immer gefragt hat, wie der blinde Andy Holzer es schafft, seine Profession auszuüben, d.h. Berge zu besteigen, konnte es in besagter Talkshow erfahren, wo Holzer u.a. darüber Auskunft gab, wie er sich am Berg orientiert. Er erklärte was ihn zu seiner Leidenschaft befähigt und warum er zu der paradox klingenden Auffassung kommt, sich selbst als Sehenden zu begreifen, dem es gelingt ein genauso visuelles Bild zu generieren und im Gedächtnis zu speichern, wie es das eben für einen Sehenden möglich ist. Außerdem sprach er sehr offen über das Thema Angst, die für ihn zwar ein ebenso ständiger Begleiter ist, wie für die meisten anderen Alpinisten auch. Allerdings hätte er einen gewichtigen Vorteil gegenüber Sehenden, weil er viele Gefahren bzw. psychologische Hemmnisse, etwa den fehlenden Boden unter den Füßen, nicht sehen könne. Auch die Tragödie am Everest, bei der im Mai diesen Jahres 16 Sherpas ums Leben kamen wurde thematisiert und Holzer stellte klar, dass die Sherpas keine modernen Sklaven seien, sondern in ihrem Land wohlhabende Leute darstellten, deren Arbeitsbedingungen sich in den letzten Jahren stark verbessert hätten. Den Everest will er in der nächsten Saison erneut angehen.

Warum er das alles macht, darüber erfuhr man in der Sendung leider nicht sehr viel. Es gehe ihm nicht um den Sport oder das Risiko, sogar nicht einmal um die Berge selbst, sondern darum die Welt zu verstehen. Damit ist nun nicht ein logisch-durchdringendes Verstehen gemeint, sondern eines der Sehens, der Anschauung, die bei ihm ja um einen erheblichen Teil reduziert ist. Jedenfalls faszinierte er mit seinen Ausführungen über einige der Erfahrungen, die er in seiner Laufbahn als Alpinist gemacht hat, aber mehr noch vielleicht darüber, wie Erfahrung überhaupt für einen blinden Menschen aussehen und möglich werden kann. Was er schildert, kann sozusagen Augen öffnen. Und warum er sich nicht als benachteiligt empfindet? Er habe noch nie so viele blinde Menschen wie unter den Sehenden getroffen.

 

TV-Tipp

Nach langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen von mir. Diesmal in Form eines TV-Tipps für brave Gebührenzahlerinnen und alle anderen:

Heute abend in der ARD-Talkshow “Beckmann“:

Globetrotter und Abenteurer – die Lust am Extremen, die Suche nach Freiheit

Sie durchqueren Wüsten und Kontinente, erklimmen die höchsten Gipfel und sind oft Tausende Kilometer in den einsamen Regionen dieser Welt unterwegs – was treibt Menschen zu außergewöhnlichen Herausforderungen? Welchen Gefahren setzen sie sich dabei aus? Und was steckt hinter den Lebensgeschichten dieser Abenteurer?

Es diskutieren: Continue reading